Islamische Religionsgemeinschaft Hessen Mit dem Namen ALLAHs, Des Allgnade Erweisenden, Des Allgnädigen Bismillahir-Rahmanir-Rahim
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Unter dem Titel „IRH ist keine Kirche“

Offener Diskurs zu Falschmeldungen in der Zeitschrift Al-Islam

Analysiert das Freitagsblatt Nr. 2/1 im Januar 2000 das Urteil des VerwG Darmstadt zum Schächten

 

Die Zeitung schreibt im Wortlaut: In einem Artikel der Zeitschrift Al-Islam 6/99 mit dem Titel „Schächten zum Opferfest“ nimmt der Herausgeber Stellung zum Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt und bemängelt, daß künftig nur IRH-Mitgliedern das Schächten zum Opferfest erlaubt sein könnte.

Weiter kritisiert der Herausgeber die organisatorische Struktur der IRH und stellt eine mehrdeutige Frage nach der islamischen Verpflichtung zur Beachtung der bundesdeutschen Rechtsordnung durch Muslime.

Diese Aussagen werden im folgenden analysiert und richtiggestellt.

Zu den Aussagen von Al-Islam zum Urteil des Verwaltungsgerichts sowie zur Struktur der IRH ist zunächst festzustellen, daß die angesprochenen Themenbereiche mangels (Fach-)Wissen völlig undifferenziert und teilweise falsch dargestellt wurden.

Abgesehen von der Tatsache, daß viele Muslime sich immer wieder über die Arroganz der bundesdeutschen Medien beklagen, die ohne den Kontakt zu den Betroffenen zu suchen, Halbwahrheiten und Falschinformationen über den Islam und die islamischen Organisationen verbreiten, stimmt es eher nachdenklich, daß scheinbar auch die Medien der Muslime auf dieses Niveau gesunken sind.

Die IRH hätte es begrüßt, wenn der Autor, vor der Veröffentlichung seiner „Thesen über die IRH“ das Gespräch mit der IRH gesucht hätte, da es nach unserem Islamverständnis sowohl zum guten journalistischen Stil als auch zur islamischen Etikette gehört, Nachrichten vor der Weiterverbreitung auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.

 

Al-Islam-These „Schächten“

Der Autor bemängelt in seinem Artikel, daß durch das Urteil des Verwaltungsgerichts zum Schächten „das legale Durchführen einer vom Islam für alle Muslime allgemein vorgegebene Handlung in Abhängigkeit zur Mitgliedschaft in einer speziellen Gemeinschaft gebracht wird“.

Diese Kritik, die in diesem Artikel noch islamologisch ausführlich besprochen wird, geht völlig am Thema vorbei - sicherlich mangels juristischen Fachwissens und fallspezifischer Hintergrundinformation. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Darmstadt befaßt sich mit einer Klage, die ein ganz bestimmtes Ziel verfolgte. Dieses Ziel der IRH wurde in erster Instanz erreicht. Ohne die politische Realität in der Bundesrepublik Deutschland zu berücksichtigen, ohne den juristischen Hintergrund zu erläutern und ohne die anderen Klagen der IRH zum gleichen Punkt zu erwähnen, versucht der Autor den Eindruck zu erwecken, die IRH verfolge egoistische, islamisch fragwürdige Ziele.

 

Richtigstellung:

1. Politischer Bereich

Bekanntermaßen ist die Bundesrepublik Deutschland ein föderativer Staat, der in Bundesländer gegliedert ist, die in sehr vielen Bereichen autonom handeln. Diese Landeshoheit gilt beispielsweise im Kultusbereich, der unter anderem in Fragen der Religionsfreiheit und des islamischen Religionsunterrichts zuständig ist. Um die den Muslimen im Grundgesetz garantierten Rechte einfordern zu können, ist es notwendig, einen Ansprechpartner für den Staat auf Landesebene zu etablieren. Dies haben Muslime in Hessen getan. Die IRH ist nach ihrer Struktur eine Religionsgemeinschaft, die ausschließlich auf hessischer Landesebene und ausschließlich für ihre Mitglieder agiert! Ziel der IRH ist es nicht, Muslime in anderen Bundesländern von ihren Rechten auszuschließen, sondern Anstoß zu geben, in ähnlicher Weise auch in anderen Bundesländern aktiv zu werden.

 

2. Juristischer Bereich

Der Autor bemängelt völlig zu Unrecht die nicht vorhandene Allgemeingültigkeit des Urteils. Da dies wegen der Besonderheit des Falles nicht angestrebt war, konnte es auch nicht erlaubt werden. Bekanntermaßen kann von einem Gericht nur das verhandelt und erlaubt werden, was eingeklagt wurde.

Das ist normale Praxis in allen islamischen, pseudo-islamischen und nicht-islamischen Ländern und ist als juristische Selbstverständlichkeit bei der Bewertung des von Al-Islam kritisierten Urteils zu beachten. Bei diesem Prozess hat eine „Privatperson“ geklagt und nicht die IRH als solche. Die Klage gewonnen hat ebenfalls dieses IRH-Mitglied als Privatperson und zwar nicht, weil er nur Muslim ist, sondern einzig auf Grund der Tatsache „weil der Kläger Muslim und gleichzeitig IRH-Mitglied ist und weil die IRH als Religionsgemeinschaft anerkannt wurde“.

Diese Praxis, daß nur das genehmigt wird, wofür ein Antrag gestellt wurde, kennen wir auch in anderen Bereichen. Wenn Frau X einen Paß beantragt, bekommt sie keinen Führerschein. Und den Paß erhält natürlich nur Frau X und nicht Herr Y oder die gesamte Großfamilie von X. Den Antrag auf einen Paß oder wie hier auf Ausnahmeregelung zum Schächten muß jeder für sich selbst beantragen, bzw. die jeweiligen Ansprechpartner der Muslime müssen Anträge in den einzelnen Bundesländern stellen.

Die IRH ist für ihre Mitglieder in Hessen für die Erlaubnis zum Schächten beim Opferfest aktiv geworden, und zwar mit drei verschiedenen Klagen. Mit einer Feststellungsklage der IRH gegen das Land Hessen - diese wurde noch nicht verhandelt. Mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage der IRH gegen das Land Hessen - diese wurde noch nicht verhandelt. Und mit einer Fortsetzungsfeststellungsklage des IRH-Mitglieds gegen das Land Hessen. Dieser Klage wurde in erster Instanz stattgegeben.

 

3. IRH-Struktur

Zur Begründung seiner Urteilskritik führt Al-Islam an, die IRH habe den Status einer „religiösen Gemeinschaft“, um anschließend von einer „Religionsgemeinschaft“ zu sprechen und zwei Sätze weiter die These aufzustellen, daß „andere muslimische Initiativen, die sich ebenfalls als „Religionsgemeinschaft verstehen“, sich auf die IRH berufen könnten.

 

Religionsgemeinschaft / religiöse Gemeinschaft

Der Autor kritisiert die Struktur der IRH ohne sie substanziell verstanden zu haben. Allein die Tatsache, daß er die Begriffe „religiöse Gemeinschaft“ und „Religionsgemeinschaft“ als Synonyme benutzt und postuliert, man brauche sich nur „als Religionsgemeinschaft zu verstehen“, um anerkannt zu werden, beweist seine Inkompetenz in diesem Fachgebiet.

Das Wort „Religionsgemeinschaft“ auf welches das Urteil eingeht, bezieht sich nicht auf ein subjektives Selbstverständnis, sondern ist ein genau definierter Fachbegriff, mit dem Gemeinschaften benannt werden, die bestimmte objektive Kriterien erfüllen und denen aufgrund dieses definierten Status „Religionsgemeinschaft“ bestimmte Privilegien zugestanden werden.

 

Eine „Religionsgemeinschaft“ in Hessen muß folgende Kriterien erfüllen:

- Mitglieder sind ausschließlich Einzelpersonen die der gleichen Religion angehören.

- Sie hat eine verfaßte Struktur und ist auf Dauer angelegt.

- Sie hat eine eigene religiöse Instanz.

- Sie hat ihre religiösen Grundsätze eigenverantwortlich schriftlich definiert und sich nach außen abgegrenzt.

Die IRH hat all diese Kriterien erfüllt und sich als Religionsgemeinschaft aufgebaut, um einen Ansprechpartner für ihre Mitglieder in Hessen zu etablieren.

- Die IRH hat nur natürliche Personen als Mitglieder - siehe Satzung.

- Sie hat eine verfaßte Struktur und ist auf Dauer angelegt - s. Satzung.

- Sie hat einen Fiqh-Rat als eigene unabhängige religiöse Instanz.

- Sie hat ihre religiösen Grundsätze eigenverantwortlich schriftlich festgelegt und als „Darstellung der Grundlagen des Islam“ veröffentlicht. Diese „Definition des Islam“ wurde von allen islamischen Organisationen in Hessen mit Stempel und Unterschrift genehmigt, so daß hier erstmals in der Geschichte des Islam in Deutschland ein religiöses Konsenspapier muslimischer Organisationen vorliegt.

Auch wenn die in Deutschland etablierten islamischen Organisationen ebenfalls mitgliedschaftlich organisiert und auf Dauer angelegt sind und eine verfaßte Struktur haben, sind viele von ihnen nach der Definition des Gesetzgebers trotzdem „nur religiöse Gemeinschaften“, weil sie die genannten Kriterien einer „Religionsgemeinschaft“ nicht komplett erfüllen. Bei allen fehlt die notwendige Abgrenzung nach außen, also die klare schriftliche Definition der religiösen Inhalte und bei den meisten fehlt eine autorisierte religiöse Instanz.

Eine „religiöse Gemeinschaft“ ist juristisch betrachtet jeder irgendwie geartete Zusammenschluß mit religiösen Zielen von Muslimen oder Andersgläubigen, d. h. jede Moscheegemeinde und jedes islamische Zentrum ist eine religiöse Gemeinschaft. Aufgrund der Nichterfüllung aller juristischen Vorschriften können diese Gemeinschaften nicht in den Genuß der Privilegien einer „Religionsgemeinschaft“ kommen und stellen in vielen Bereichen keinen Ansprechpartner für den Staat dar.

 

Unabhängigkeit der IRH

Al-Islam stellt ohne jegliche Beweise die Behauptung auf, die IRH „sei auf Betreiben des Hessischen Kultusministeriums (HKM) gegründet worden“.

Dies entspricht nicht der Wahrheit. Die IRH ist politisch, organisatorisch und finanziell unabhängig. Anstoß für die Gründung der IRH war zwar die Forderung des HKM, einen Ansprechpartner für die Einführung des islamischen Religionsunterrichts zu etablieren, doch Gründung und Etablierung der IRH waren unabhängig, sowohl vom Kultusministerium als auch von anderen deutschen oder nicht-deutschen Stellen. Die IRH arbeitet überparteilich und völlig unabhängig für die Interessen ihrer Mitglieder.

In der Urteilsbegründung des Gerichts wird dies auch deutlich: „Vielmehr wurde sie (die IRH) als eine gemeinsame und ständige Informations- und Gesprächsebene für die religiösen Interessen der ihr angehörenden Muslime gebildet“.

 

Fiqh-Schulen/Schächtvorschriften

Nicht nur in Bezug auf Struktur und Organisation der IRH, sondern auch in Bezug auf die islamischen Schächtvorschriften läßt Al-Islam Niveau vermissen. Wie vorher zitiert, wird behauptet:

„Das legale Durchführen einer vom Islam für alle Muslime allgemein vorgegebenen Handlung wird so in Abhängigkeit zur Mitgliedschaft in einer speziellen Gemeinschaft gebracht.“

Zunächst ist zu fragen, was der Autor unter einer allgemein vorgegebenen Handlung versteht? Meint er damit, die Vorschriften zum Schächten seien in der gesamten islamischen Welt unumstritten und nicht interpretierbar und so endgültig und präzise festgelegt, wie das Alkohol- und Schweinefleischverbot? Das dies nicht so ist beweisen uns die vielen Prozesse, die bisher in Deutschland zu diesem Thema geführt wurden, und die nur deshalb immer wieder verloren wurden, weil verschiedene islamische Gelehrte aus verschiedenen Ländern unterschiedliche Lehrmeinungen zum Schächten und seiner Modalitäten vertreten und unterschiedliche Fatwas/ Fiqh-Gutachten für deutsche Gerichte zu eben diesem Thema verfaßt haben. Wenn alles so klar wäre, so „allgemein vorgegeben“, gäbe es das Problem der Genehmigung des Schächtens in Deutschland gar nicht, dann gäbe es ja nur eine einzige Meinung. In Hessen haben wir jetzt erstmals den besonderen Fall, daß die IRH für ihre Mitglieder sagt: „Schächten ohne Betäubung zum Opferfest ist islamisch verbindlich!“ und diese Aussage islamologisch untermauert durch die Fatwa des Fiqh-Rates der IRH, die von der Mitgliederversammlung angenommen wurde. Vor deutschen Gerichten sagten bisher alle anderen Fatwas von Saudi-Arabien, Ägypten, Marokko, Türkei usw. genau das Gegenteil aus, und dies auch noch angeblich für alle Muslime in Deutschland.

Es stellt sich natürlich die Frage, wieso Al-Islam nicht diese eher fragwürdige Praxis kritisiert, daß im Ausland ansässige Gelehrte, die keine Legitimation haben für alle Muslime in Deutschland sprechen dürfen und unsere Lebensweise hier diktieren. Desweiteren stellt sich die Frage, wer heutzutage die Autorität besitzt „für alle Muslime“ zu sprechen? Diesen Anspruch kann sicher keine Organisation erheben. Genausowenig wie das Islamische Zentrum in München für alle Muslime in Bayern oder auch nur in München sprechen kann, kann und will die IRH nicht für alle Muslime, weder in Hessen, noch in Deutschland, sprechen.

 

IRH für Integration und gegen Selbstausgrenzung

Verkirchlichung des Islam

Weiter stellt Al-Islam folgende These auf: „ (das Schächten) wird so in Abhängigkeit zur Mitgliedschaft in einer speziellen Gemeinschaft gebracht.(...) und ein Schritt hin zur Verkirchlichung des Islam in Deutschland (ist) getan.“ Diese Schlußfolgerung zeigt, daß der Autor das Selbstverständnis des Islam, die islamische Geschichte und die Grundlagen von Scharia und Fiqh ignoriert. Meinungs-Pluralismus in Fiqh-Fragen ist islamimmanent, notwendig und gängige Praxis durch die gesamte islamische Geschichte. Wenn das Befolgen einer bestimmten Fiqh-Meinung durch eine Gruppe von Muslimen als „Verkirchlichung“ verstanden wird, dann müssen alle Fiqh-Schulen als „Verkirchlichung“ verstanden werden, weil ihre Fiqh-Auslegungen und Fatwas in manchen Fällen nur von einer bestimmten Gruppe - und nicht von allen Muslimen - als verpflichtend angesehen werden.

 

Als Beispiele für die Unhaltbarkeit dieser Al-Islam-These hier einige Fiqh-Meinungen von manchen zeitgenössischen „Gelehrten“:

- Die Straßenverkehrsordnung ist Menschenwerk und nicht verpflichtend für Muslime.

- Autofahren für Frauen ist verboten

- Schulbildung und Berufsausübung für Frauen ist verboten.

- Fotos von Menschen sind verboten, selbst Paßfotos.

Sicher ist, daß eine Reihe von Lehrmeinungen zu einer Vielzahl von Themen nicht von allen Muslimen befürwortet und akzeptiert werden. Manche Meinungen werden sogar als eindeutig „unislamisch“ verworfen, wie die o. g. Beispiele und insbesondere die Unterdrückung der Frauen in den Bereichen Bildung, Berufsausübung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

 

Es stellt sich jedoch die Frage, nach welcher Fiqh-Schule der Autor eigentlich argumentiert und welcher dieser Meinungen er zustimmt?!

Es muß nochmals daran erinnert werden, daß allein beim Thema Schächten bei der Frage der erlaubten und verbotenen Tiere Unterschiede in den jeweiligen Fiqh-Schulen bestehen, sowohl bei Sunniten als auch bei Schiiten. Hier gibt es keinen weltweiten Konsens.

Die IRH-Mitglieder folgen in der Frage des Schächtens von Opfertieren einer bestimmten Fiqh-Meinung, zu der sie sich gemeinsam entschieden haben. Dies war ein Meinungsfindungsprozess im islamischen Rahmen, der zudem islamologisch untermauert ist durch die Fatwa des Fiqh-Rates der IRH. Die IRH bedauert, daß der Autor prinzipielle islamische Fragen, wie sein Zitat „das Wort Allahs das oberste ist“ in einem unpassenden Zusammenhang bringt, mit einem Urteil zum Schächten. Trotzdem geht die IRH davon aus, daß „das Wort ALLAHs“ mit der Entscheidung des Gerichts zur Erlaubnis des Schächtens der Opfertiere bestätigt wurde.

 

Integration oder Parallelgesellschaft?

Al-Islam fährt mit der Frage fort: „Dürfen Muslime ihre gottgegebenen Rechte und Pflichten - auch in der nichtmuslimischen Gesellschaft-umsetzen, oder ist dazu die Genehmigung nicht-muslimischer Autoritäten Voraussetzung?

Zu fragen ist hier: Was sind die gottgegebenen Rechte und Pflichten? Wer definiert diese? Wer hat die Autorität diese zu definieren? Sind dies normale Muslime, Journalisten oder ausgebildete Fiqh-Gelehrte? Wer entscheidet, welcher Fiqh-Meinung der einzelne Muslim zu folgen hat? Der Autor von Al-Islam oder die Muslime individuell?

 

Regeln der nichtmuslimischen Gesellschaft

Der Tenor der Argumentation des Autors liegt im gesamten Artikel darin, daß er hervorhebt, von Regeln der nichtmuslimischen Gesellschaft „eingeschränkt“ zu werden.

Ganz abgesehen von der Tatsache, daß der Idealzustand einer islamischen Gesellschaft zur Zeit in keinem Land erreicht wurde und daß niemand gezwungen wird in einer nichtmuslimischen Gesellschaft zu leben, ist festzustellen, daß der deutsche Staat, die BRD, sich weder als christlich, unchristlich oder anti-christlich, noch als islamisch, unislamisch oder anti-islamisch definiert. Die Bundesrepublik ist religiös wertneutral, säkular, d. h. nach diesem Selbstverständis dürfen der Staat und seine Regeln und Verordnungen weder anti-islamisch, noch pro-christlich sein, sondern zunächst mal für alle gleich.

Der Staat erläßt Regeln und Gesetze um das Zusammenleben in einer Gesellschaft zu organisieren. Dies ist notwendig und gängige Praxis in allen Gesellschaften. Muslime können in der BRD ihr Leben durchaus nach dem Islam gestalten. Es gibt schließlich kein Gesetz, welches z. B. das Beten verbietet oder das Fasten im Ramadan oder gar Muslime zwingt Alkohol zu trinken oder Schweinefleisch zu essen. Die Absurdität der Fragestellung, ob es vertretbar sei, „gottgegebene Rechte“ nur nach Genehmigung hiesiger Autoritäten umzusetzen,“ wird noch deutlicher, wenn man sich andere „gottgegebene Rechte“ und ihre Umsetzung in Deutschland ansieht.

Beispiel: Es ist ein gottgegebenes Recht, daß Muslime Moscheen für das Gebet errichten. Nach der mehrdeutigen Fragestellung von Al-Islam wären Muslime nicht verpflichtet, einen Bauantrag zu stellen und gar die Baugenehmigung einzuholen. Es ist anzunehmen, daß beides beim Islamischen Zentrum München erfolgte.

Beispiel: Es ist ein gottgegebenes Recht über den eigenen Besitz jeder Zeit uneingeschränkt zu verfügen. Nach der obigen Frage von Al-Islam wären Muslime, die ein Auto besitzen, nicht verpflichtet den Führerschein zu machen oder die Straßenverkehrsordnung zu beachten.

Beispiel: Es ist ein gottgegebenes Recht und eine rituelle Pflicht für Muslime Hadsch und Umra zu verrichten. Nach der Al-Islam-Frage bestünde die Möglichkeit, daß Muslime für diese Reise nicht verpflichtet wären, einen Paß oder gar ein Einreisevisum für Mekka und Medina zu beantragen.

Neben den Pflichten zur Beachtung der Gesetze haben wir als Muslime natürlich auch Rechte in Deutschland. Es stellt sich die Frage, welche Position der Autor vertritt bei der Frage, ob Muslime berechtigt sind, Zuwendungen von „nichtmuslimischen Institutionen“ in Anspruch zu nehmen, wie z. B. Kindergeld, Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld und andere Gelder.

Wie sieht es aus mit Steuern und Sozialabgaben, Schulpflicht, Wahlrecht und politischer Partizipation? Ist dies etwa alles verboten? Man sieht, daß eine Diskussion auf diesem Niveau und mit derartigen Spitzfindigkeiten keinerlei Gewinn bringt.

 

Entscheidung des nichtmuslimischen Gerichts

Der Autor bemängelt weiterhin, „ daß den Mitgliedern der IRH am Opferfest gestattet wird zu Schächten, weil es sich dabei - aus der Sicht des nichtmuslimischen Gerichts - um einen rituellen Akt handelt.“

Hier irrt der Autor bzw. er gibt die Fakten falsch wieder. Maßgebend ist weder die Sicht des nichtmuslimischen Gerichts oder gar die Bewertung des Gerichts über die Verpflichtung zum Schächten. Maßgebend ist einzig und allein das religiöse Selbstverständnis der Religionsgemeinschaft IRH, das durch die Fatwa islamologisch belegt wurde.

Zitat aus der Urteilsbegründung: „ Diese Auslegung (die Fatwa) mag sie auch teilweise im Widerspruch zu der Auffassung anderer Islamologen stehen, stellt für den Kläger als Mitglied der IRH eine verbindliche Glaubensvorschrift dar, deren Ableitung aus dem Islam vom Gericht nicht zu überprüfen ist. Es kann nicht Aufgabe eines staatlichen Gerichts in einem religiös neutralen Staat sein, verbindlich aufgestellte Regeln einer Religionsgemeinschaft auf ihre inhaltliche Vereinbarkeit mit den schriftlichen Überlieferungen und Glaubensbekenntnissen zu überprüfen. (..) Bei der Fatwa des Fiqh-Rates der IRH handelt es sich nicht um eine individuelle Stellungnahme (...) Die Wertung des Fiqh-Rates durch eine für verbindlich erklärte Fatwa ist vom Gericht nicht zu überprüfen.“

 

Abschließend ist festzustellen, daß ein Diskurs auf islamologischer Ebene zu den angesprochenen Themen in Deutschland dringend geboten ist. Fiqh-Bereiche, die interpretierbar sind, müssen unter Berücksichtigung der hiesigen Situation neu untersucht werden. Die IRH hat sich als Religionsgemeinschaft bemüht, zum Thema Schächten eine klare Position zu beziehen, um als berechenbarer Partner sowohl für staatliche als auch für nicht staatliche Institutionen agieren zu können.

 

„Für die Muslime in Hessen gilt somit, daß die Beachtung der Rechtsnormen des deutschen/hessischen Rechtssystems also legitim und obligatorisch ist, unter der Prämisse der Religions-, Gewissens- und Meinungsfreiheit. Die Muslime in Hessen achten somit das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die Verfassung des Landes Hessen und seine Rechtsordnung.“

Darstellung der Grundlagen des Islam; Gebote der Scharia; IRH-Schriftenreihe; ISBN3-933793-00-9

 

Die Mitglieder der islamischen Religionsgemeinschaft Hessen geleitet von der gemeinsamen Überzeugung, dem Islam, insbesondere seiner Moral und Ethik unterworfen zu sein, einig darin, das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die Verfassung des Landes Hessen und das Recht zu respektieren, in der gemeinsamen Absicht, den Muslimen in Hessen zu dienen, den interkulturellen und interreligiösen Dialog zu pflegen und sich für eine konstruktive Kooperation zum Wohl der Gesellschaft einzusetzen, einvernehmlich in der Grundlegung, bei der Auswahl der Mittel und Wege zur Erfüllung der gemeinsamen Aufgaben der Islamischen Religionsgemeinschaft Hessen, als einzige Quelle die islamische Lehre im Rahmen des Grundgesetzes und im Einklang mit den Gesetzen der Bundesrepublik Deutschland und des Landes Hessen anzuwenden, geben sich folgende Satzung

Präambel der Satzung der IRH; IRH-Schriftenreihe Nr. 1

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- Wissenschaftliche Beratung für Studien-, Diplom- und Doktorarbeit über Islam und Muslime
- Gastreferenten für Hochschulen über islamische Themen werden zur Verfügung gestellt
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